Wednesday, 20 June 2007

Hej då Sverige


So, nun ist es soweit.
Es ist 4 Uhr früh und ich genieße die letzten Minuten in meinem Zimmer.
Traumwetter heute.
Es ist Zeit Abschied zu nehmen. Abschied von der KTH, von Stockholm, von Kungshamra und Lappis.
Vor allem aber Abschied von vielen tollen Menschen, die ich das letzte halbe Jahr kennenlernen durfte.

Ich sitze hier und die vergangenen 6 Monate laufen nochmal so durch. Unglaublich, wie schnell das alles verging.

Zu meinem Abschied heute gab es gestern abend noch ein nettes Abendessen mit den Corridormates.

Damit geht mein Erasmus-Semester zu Ende und damit gehen auch die updates in diesem blog zu Ende.

Nicht ohne jedoch jedem, der sich ein Erasmus, joint studies oder ph.D. im Ausland überlegt, zu raten nicht zuviel zu überlegen, sondern einfach zu gehen! Die Erfahrung ist wohl einzigartig.

Ich hoffe, es hat den rund 3000 Besuchern einigermaßen Spaß gemacht, den blog über die letzten 6 Monate ein wenig zu verfolgen.

Zum Abschluß noch ein paar Ausschnitte aus meiner Zeit hier in Schweden.



Hej då und Ciao, Stefan

Tuesday, 19 June 2007

Kayak Trip im Stockholm Archipelago


Der Tag der Abreise rückt immer näher und so häufen sich die vielen Dinge, die man unbedingt noch machen möchte und am Ende feststellen muß, dass der Tag halt nur 24 h hat.

Nach einem weiteren netten Besuch aus der Heimat mit tollen Eindrücken bei Traumwetter stand auf der To-Do Liste eines aber ganz oben: Ein 3-Tage Trip durch den Stockholm Archipelago (Stockholms Skärgård) mit dem Kayak.

Der Stockholm Archipelago erstreckt sich von der Stadt bis 60 km östlich von Stockholm und zählt ungefähr 24.000 Inseln und Inselchen, die meisten völlig unbewohnt.

Mit zwei Kollegen machte ich mich am Mittwoch mit Tunnelbana und Pendeltog nach Südosten auf, wo wir eine Fähre Richtung Utö enterten. Diese vergleichsweise zivilisierte Insel sollte unser Ausgangs- und Rückkehrpunkt sein.

Nach unserer Ankunft auf Utö war erstmal umpacken angesagt, denn unsere Rucksäcke passten natürlich nicht 1:1 in die schmalen Stauluken der Kayaks.

Nach einer halben Ewigkeit war es soweit. Gewand, Zelte, Zahnbürste, Topf und sogar ein paar Dosen Bier hatten ihren Platz im Kayak eingenommen.



Der Gewichtstrimm war noch nicht optimal, wie sich bei den ersten Wellen auf See noch herausstellen sollte.

Dann noch ne Karte des Gebiets, einen Kompass und los ging es.
Mein 1-Mann Kayak gab mir zwar die Möglichkeit etwas dynamischer die Richtung zu wechseln, als Daniel und Wilco im 2-Mann Kayak, dafür war ich aber auch eher Spielball des Wassers in den Wellen.

Nachdem wir die ersten Minuten vorsichtig dahingepaddelt sind, um uns mal an die neue Umgebung zu gewöhnen, ging es dann schon munter dem Ufer von Utö entlang nach Norden.

Das anfängliche Traumwetter verließ uns aber leider bald und so entschieden wir an Land zu gehen und die Lage nach einem geeigneten Zeltplatz zu checken.





Doch vorher gab es erstmal eine Stärkung in Form einer g'schmackigen Knorr Suppe, die Daniels Freundin aus Ö irgendwann mal mitbrachte. Salzen war nicht mehr nötig, da uns die baltische See mit reichlich Salzwasser zu versorgen vermochte.

Die anschließende Lagerfeuerromantik hielt sich nur kurz, da unsere Zelte immer noch in den Kayaks schlummerten.
Als es zu nieseln begann, wurde es dann richtig Zeit. Bloß, wo aufstellen?
Ebene Fläche? Fehlanzeige.
Boden, in dem die Heringe halten? 20 cm Moos überall. Macht wenigstens nichts, dass wir keine Isomatten mitbrachten.

Also die Zelte mal flott am Hang in die Botanik gestellt und dann mal die Insel erkundet.



Bald finden wir seltsame Bunker und eine getarnte Radarantenne. Nun erklären sich die vielen Schnellboote der Marine, die praktisch unsere einzige Begegnung mit der "Zivilisation" darstellen.



Die Inseln dienen auch als Trainingsgelände für die schwedischen Streitkräfte. Da es auch unter Wasser Einrichtungen gibt, ist das Tauchen hier verboten.

Nach einem anstrengenden Rückzug durch das Dickicht in unser "Camp", beginnt es nun richtig zu schütten und zur Bettruhe stellt sich rechtzeitig heraus, das unsere Zelte wohl recht "schwitzen" - Innen ist es jedenfalls nicht dramatisch trockener als draußen.

Nun stellt sich entgültig heraus, dass ich was falsch eingeschätzt hatte. Ich war von einer gemütlichen Ruderei in ruhigen Gewässern ausgegangen. Von Wind und Wetter hat keiner was erwähnt, daher war nicht mal ne lange Hose im Gepäck.

Nach einer erfrischenden Nacht in meinem nassen Schlafsack, begrüsste uns ein aufklarender Himmel am nächsten morgen.

Also zum Frühstück erstmal Spaghetti, da wir ja ordentlich paddeln wollen heute.



Sachen zusammengepackt, im Kayak verstaut und ab die Post auf die See.
Bei einer steifen Brise paddeln wir weiter Richtung Norden und erreichen schon bald zwei weitere kleine, karge Inseln. Wir entschließen uns sie in Luv liegen zu lassen, da sich bis mittag schon eine ordentliche Düse entwickelt hat, die uns nur unnötig Kraft zum Paddeln kosten würde.

Nach einem Stop-over auf einer kleinen Insel zur Kaffee-und-Kuchen-Pause ;-) ging es in einen etwas ruhigeren Abschnitt des Archipelago. Sogar zwei Ferienhäuschen gab es. Hier war es fast wie an einem See, ruhiges Wasser und dicke Schilfgürtel ließen uns für die immer stärker aufrischende See Kräfte tanken.




Mittlerweile hatte es zwar Prachtwetter, aber gut 4 Windstärken, die genau in unsere Richtung bliesen und uns das Vorankommen recht erschwerten. Als wir unsere vorselektierte Insel für heute nacht erreichten, waren wir angenehm überrascht, als wir kleine Ferienhäuschen entdeckten. Sogar Stühle und ein Tischchen waren zu finden. Wir konnten also diese Nacht auf den Luxus von Sesseln und sogar Plumpsklo zählen.



Gut, dass wir gleich diese Insel angelaufen sind, denn die See wurde nun langsam aber sicher wütend - 5-6 Windstärken schäumten die See richtig auf und wer jetzt mit einem Kayak da draußen ist - Gute Nacht.





Die Insel war praktisch ungeschützt durch Hügel oder Bäume, so konnten wir zwar unsere Zelte diesmal auf einer ebenen Fläche aufstellen, mussten sie aber besonders gegen den Sturm sichern.


Dennoch eine Trauminsel, die wir uns da ausgesucht hatten. Wir checkten unsere Trinkwasservorräte und gerieten in völlige Ekstase als weitere 3 l auftauchten - das "1 l pro Tag Limit" konnte also aufgegeben werden.
Nachts stellte sich jedoch wieder etwas Ernüchterung ein. Der Wind lies nicht nach, im Gegenteil, er schien stärker zu werden. Wenn es so weitergeht, ist an ein Fortkommen von hier nicht zu denken und nicht mal die Marine düst mehr durch den Archipelago. Vielleicht müssen wir also einen weiteren Tag hier draußen einplanen.

Bis 7 Uhr früh scheint es so, doch dann nimmt der Sturm sukzessive ab und als wir die Zelte um 8 verlassen, begrüsst uns ein Traumwetter und eine See, die keine Welle kräuseln könnte.







Jetzt nochmal die Konserven in den Topf, das letzte Knäckebrot dazu und dann wieder raus auf's Wasser.

Doch zuerst ist endlich Körperpflege angesagt. Raus aus dem Gewand, Duschgel aufgetragen und rein in die eiskalte baltische See - doch halt. Was ist das??
1,2,3,4,5 Gäste haben es sich auf der Haut gemütlich gemacht - Zecken!

Bei Daniel nicht besser, 1,2,3,4,5,6,7 Zecken saugen ihm das Blut aus dem Körper. Nur Wilco, der als einziger nicht FSME geimpft ist, hat Glück - anscheinend keine einzige. Vielleicht hat er aber auch nur nicht so genau geschaut...

Es fehlte zwar eine lange Hose, dafür hatten wir Pinzetten und Betaisodona im Gepäck. So konnten wir uns die Zecken gegenseitig entfernen und nach dem einhergehenden Schweißausbruch sorgte die 12 °C "warme" See für ordentlich Abkühlung.

Wir verließen unsere Insel Richtung Westen, um eine kleine Inselgruppe mit Sandstrand anzusteuern. Dort genossen wir die letzten Konserven und verprassten das Trinkwasser regelrecht.


Nun ging es nur mehr rund 30 Minuten nach Südosten und wir erreichen wieder die zivilisierte Welt, respektive die Insel Utö.



War ein super Ausflug in die Wildnis und Unberührtheit des Archipelago, wenngleich eher survival trip als Paddelspaß. Aber das hätte man ja eigentlich ahnen können ;-).

Friday, 1 June 2007

Goodbye, SEE


Langsam aber sicher nähert sich die Zeit des Abschiednehmens.
Eigentlich gar nicht langsam, eher viel zu rasch. So rasch, wie das alles hier eigentlich fast vorbeigehuscht ist. Mir kommt vor, letzte Woche bei Schneesturm angekommen zu sein und morgen in der Mitternachtssonne die Koffer zu packen.

Aber zu früh, die Flaggen auf Halbmast zu setzen.

Meine letzte Prüfung ist in wenigen Tagen und dann stehen noch einige Tage zur Verfügung, die gemeinsame Zeit zünftig ausklingen zu lassen.

Nicht mit allen wohl, denn einige Freunde reißen dieser Tage schon ab.
So eilt man fast schon von farewell-BBQ zu Hej då-middag und kann sich leider gar nicht von jedem liebgewonnenen Kollegen gebührlich verabschieden.

Eine äußerst gelungene Abschiedsparty gab es letzthin in Osqvik, das irgendwo im Nirgendwo östlich von Stockholm im Archipelago liegt.
Die KTH besitzt dort ein Häuschen am Wasser, das von Studenten für Festivitäten gemietet werden kann.

Mit den Kollegen und Freunden vom SEE - Sustainable Energy Engineering Master ging's noch einmal zur Sache und wir verlebten eine herrliche Grillparty bei Traumwetter und mit allem was dazugehört, Sauna und arsc*kaltes Wasser inklusive.

Ein schöner Abschluß war das...


























Tuesday, 22 May 2007

Kungsholmen Halbmarathon 2007



Endlich war es soweit. Oder besser: Verdammt, ist es schon soweit??

Mit einer Kollegin aus meinem alten Korridor in Lappis beschloss ich irgendwann im Februar den "Kungsholmen runt" am 19. Mai zu laufen.

Gute 3 Monate Vorbereitung sollten ja angenehm ausreichen für 21,1 km.

Tja, die Zeit vergeht ja wie im Flug, speziell hier im Norden, mir scheint.
Statt dem ausgetüftelten 3 Monats-Trainings- und Ernährungsplan gab es einen straffen 7-Tages-Plan für die verkürzte Unterschenkelmuskulatur und in der Nacht vor dem Lauf noch ein paar Bier.

Eine ausgezeichnete Ausgangsbasis also für nen Halbmarathon.

Um 11:00 war der Start angesetzt, daher war um 8 Uhr nochmal kräftiges Carboloading in Form einer zünftigen Portion Spaghetti angesetzt. Dann mal los und Kristina abgeholt.

Ich hoffte auf ähnlich amateurhafte Vorbereitung und einen Auftritt im lockeren Freizeitgewand. Kristina lies jedoch mit einem Bericht über die letzten 10 km-Tests aufhorchen und unterstrich ihre Ambitionen mit einem professionellen Outfit. Auch auf der Party gestern habe ich sie leider nicht gesehen...

Auf dem Weg nach Kungsholmen, einer der 14 Inseln Stockholms, besprachen wir nochmal unsere "Strategie" und die Knackpunkte im Lauf. Eigentlich 21, 1 Knackpunkte.

Mein Gott, andere laufen 42 km, da wird die Hälfte doch machbar sein...

Im Startbereich angekommen, war noch der "Knattelopp" - der Kinderlauf im Gange. Gelegenheit zum lockeren Eintraben, Dehnen, Trinken und das Traumwetter genießen.

Schließlich ging es an die Startlinie. Besser gesagt zig Meter dahinter, da wir es ja locker angehen wollten und der Starterelite - die sich mental fit machte :-) - nicht im Weg parken wollten.


Eine schwere psychologische Bürde bereits mit + 2 min über die Linie zu gehen, da ohne Chip gestartet wurde und so die Zeit lief, bevor wir noch einen Schritt in Richtung Ziel machen konnten.

Aber dann ging's los. Gut 1000 Läufer spurteten erstmal auf und ab durch einen schönen Park, bevor es auf die Straße ging.





Für einen kleineren Studentenlauf war alles perfekt organisiert, Straßen gesperrt, Abkürzungen abgesperrt und 3 Wasserstationen an der Strecke aufgestellt.


Ich ging die Sache erstmal locker an, da ich keine Ahnung hatte, wie sich 21 km am Stück so laufen, vielleicht ist das ja länger als erwartet.
So blieb also auch Zeit mal den Kopf links und rechts zu schwenken und die schöne Umgebung zu sehen. Ein Großteil der Strecke lag am Wasser und so blies ein angenehmes Lüfterl die ersten Schweißperlen von der Stirn.

Nach dem ersten "Waaas - erst 6 km??"-Schild traf ich Kristina und wir trabten die restlichen km der ersten Runde zusammen. Dann begann es ein bisschen härter zu werden für Kristina, zuviel von "Nicht-mehr-Können" geredet. Langsam klaffte eine Lücke zwischen uns und dann war auch schon die erste Runde vorbei. Eine gute Stunde. Das ist nicht besonders flott, aber wenigstens wusste man jetzt, was noch vor einem liegt.

Also jetzt das Ganze nochmal gelaufen. Ich versuchte einen Gang zuzulegen und fühlte mich in guter Verfassung. Manch einer an der Strecke sah schon mehr nach Ambulanz aus, klassisch verhungert nach der ersten Runde.

Ich hingegen konnte auf mein halbes Kilo Nudeln im Blut zählen und auch die Sonne verschwand nun hinter den Wolken - super.

Die Endorphine sprudelten geradzu gegen die letzten 6 km hin, doch noch war es zu früh um richtig loszulegen. 5 km. Hmmmh, ist wohl immernoch zu früh, will nicht bei - 1km versauern.
4km. 3km. Letzte Labstation, jetzt noch einen Becher isostar ohne Verschlucken. Wer bleibt denn dazu stehen???

Dann hatte die innere Zerrissenheit zwischen "Go" und "No-go" ein Ende und ich lies die Lungen schneller schaufeln. Immer noch alles ok im Unterschenkel, jetzt kann mich ja nur noch ein offenes Schuhband bremsen.

Da war es wieder, dieses Gefühl: Junge, verdammt. Renn, ohnmächtig im Ziel ist ok, aber dafür muß mal gearbeitet werden.

Jetzt wurden die Mitbewerber nach hinten durchgereicht - doch halt, da war noch ein Ambitionierter der ganz gut drauf schien - auf mein Überholen reagierte er prompt. Ich lies ihn also wieder vorbei und klemmte mich für die letzten 1000 m an ihn.
The race was on.

Jetzt wird's zäh, das Ziel ist bereits zu sehen, doch davor geht es noch durch den Park auf und ab. Jetzt bloß nicht zu früh den Schlussprint einleiten. Gut, wenn der Kollege vor mir loslegt, leg ich auch los.....400m....300m...200m...
Verdammt, was ist los, Junge - wann tun wir was?


Gut, ich kann nicht mehr warten, die finale Schleife ist vorbei, die Zuschauer klatschen uns ein, jetzt nochmal alles in die Beine gepresst und ich setz mich neben den Kollegen. Jetzt gibt er auch Vollgas.
Noch 100 m.
Vollgas
Noch 50 m.
Vollgas
Noch 30 m.
Verdammt, Stefan, ziehhhhh.
Noch 20 m.
Verdammt hat der Bursche lange Haxen.
Noch 10 m.
Bammmm - durch's Ziel. Schnauf. Schnauf. Schulterklopf.
Zeit?? Keine Ahnung vorerst.

Ahh, ein bisschen groggy aber ein geiles Gefühl durch zu sein. Jetzt erstmal Kohlenhydrate und Wasser.
Weit ist es gekommen, wenn ich zur Banane greife. Nach 3 Bissen kann ich mich jedoch besinnen und wechsle zum Weckerl.


An der Labstation trifft man ein paar Kollegen, die ebenfalls teilnahmen. Aber wo ist eigentlich Kristina?
Da ist sie auch schon, kommt die Kurve in's Zielgelände in starker Seitenlage eingesprintet und gibt auch nochmal alles. Bammm - durch's Ziel.

Ihre Eltern sind auch hier und nehmen ihr tapferes Töchterchen in Empfang. Schnauf.

Ein perfekter Tag zum Laufen war das. Nicht unbedingt ein perfekter Lauf, aber für's erste mal und nach 4x Laufen ganz ok. Erste Runde etwas langsam, zweite ok.

Jetzt steht auch die Zeit fest: 1:49:14

Leicht erfrischt und voller Endorphine treten wir schließlich den Heimweg an.
Die letzten Meter nach Hause sind natürlich zu laufen...

Wednesday, 16 May 2007

Field trip to Porjus



Derzeit geht es wieder etwas hektischer auf der KTH zu, denn wieder stehen die Prüfungen, assignments und Projektpräsentationen mehr oder weniger auf einmal auf dem Programm.

Ein Höhepunkt kurz vor dem Beginn der Prüfungen war jedoch eine Exkursion nach Porjus.

Im Rahmen des Kurses "Energy and Environment" des Masterstudiengangs "Sustainable Energy Engineering" ging es für 4 Tage noch einmal an den Polarkreis, um der Wasserkraft und Windpower Nordschwedens auf den Zahn zu fühlen.

Der Trip stellt auch eine Art krönenden Abschluß für die Kollegen dar, da der 2-jährige Studiengang traditionell mit dieser Exkursion zu Ende geht.

Die KTH zeigte sich spendabel und so mussten wir nur für den Flug aufkommen, der Rest an Eintritten, Bus, Kost (und davon reichlich alle 4 Stunden) und Logis wurde übernommen.

An einem Mittwoch früh fanden wir uns in Stockholm Arlanda ein, um mit der bekannten Airline "Nordic Regional" nach Norden aufzubrechen.

Statt Lappland im zwitschernden Frühling erwarteten uns bis 100 cm Schnee im Mai und frostige +/- 0 °C. Etwas hart, wenn eben endlich der Frühling daheim in Stockholm angefangen hat.
Am Polarkreis jedoch herrschen etwas andere Jahreszeiten.


Ein grauer, graupelfreudiger Himmel lies die Hoffnung auf "white nights in Porjus" weiter schwinden.

Was macht da mehr Sinn als die Oberfläche zu verlassen und in die Unterwelt abzutauchen?
So ging es nach einer Stärkung im Grand Hotel Lapland (lasst eurer Phantasie nur freien Lauf :-) ab in die Eisenmine der staatlichen Bergbaufirma LKAB.
Dem aufmerksamen Leser kommt das bekannt vor, denn bereits in Kiruna waren wir in einer LKAB Eisenmine.


Dennoch war dies hier etwas anders, da wir mit einem alten Bus direkt durch das Labyrinth bis auf 1050 m unter die Erde gefahren sind.

Dort unten herrscht mitunter ein Verkehrsaufkommen wie auf der Tangente Freitag um 4 Uhr am Nachmittag, bloß mit schwereren Fahrzeugen.

In der Mine wird Eisenerz als Magnetit und Hämatit erst abgesprengt, dann die Felsbrocken abtransportiert und in einem gigantischen Crusher unter der Erde zerkleinert. Am Ende wird das Metall als Pellet abtransportiert.

Neben der Steuerungszentrale der automatischen Bohrer und Sprenger konnten wir uns den Riesenmörser ansehen, der die Felsbrocken auf Faustgröße zerkleinert.





Dort liegt neben Staub und mächtig Donner ein heftiger Ammoniakgeruch in der Luft, da der Sprengstoff Ammoniumnitrat enthält, das bei der Zerkleinerung der Felsbrocken frei wird. Wer da unten zu arbeiten hat, trägt Schutzmasken und Schutzkleidung.

Dafür verdient es sich wie schon mal erwähnt ganz gut - der Durchschnittsgehalt liegt bei rd. 3500 €, als Akademiker natürlich höher. Dieser Tage wird jedoch für höhere Löhne gestreikt.

Angesichts reichlich vorgewärmter Frischluftzufuhr in der Mine (außer am Grinder) und einer ausreichenden Beleuchtung verliert man rasch das Gefühl in einem Loch 1 km unter der Erde zu sitzen. Das wurde einem erst so richtig bewusst, als wir mit unserem Bus an einem weniger frequentierten Seitenarm stehenblieben. Licht aus. Motor aus.
- Nichts, absolut nichts. Finsternis. Du hörst gerade mal deinen Sitznachbarn atmen...

Nach dieser interessanten Tour ging es nach Porjus, einer 417 Seelengemeinde die ohne der Wasserkraft wohl nicht existieren würde. Bevor Vattenfall hier 19irgendwas ankam, gab es genau zwei Anwohner am Fluß Lule, an dem heute insgesamt 15 Wasserkraftwerke liegen.

Die Freude der zwei Samen wird entsprechend groß gewesen sein.
Sami sind die Ureinwohner Lapplands, der Begriff "Lappen" wird von den Sami als negativ aufgefasst.
Um die Kultur und das Leben der Ureinwohner hier oben ein wenig kennezulernen stand auch ein Besuch eines Sami-Museums auf dem Programm.




Die Flagge von Laponia (Lappland) oben und ein typisches Sami-Haus unten.


Doch erstmal gab es das Wasserkraftwerk in Porjus zu besichtigen.








Unter anderem konnten wir eine 220 MW-Einheit bei der Arbeit "hören". Der Generator + Francis Turbine + Welle kommen auf 1410 t, die beim Anlauf durch 400 bar Öl um 0,1 mm gehoben werden, wodurch sich das Werkel theoretisch mit einem Finger drehen lässt.

Wenn die 1410 Tonnen dann mit 83 Umdrehungen pro Minute rotieren, dann macht das einen Höllenlärm und nebenbei gewinnt man auch noch Energie, die dann Überland nach Südschweden geht.

Danach war das Beziehen unserer Unterkunft in Porjus vorrangig. Unsere Gruppe stellte mit einem Schlag gut 10 % der Bevölkerung und so reichte das einzige Hotel in Porjus nicht ganz für alle aus.
Ein paar der Kollegen und ich wurden daher direkt am Stausee in netten Cabins an der alten Bahnstation untergebracht. Die Gastgeberin war eine aus Birmingham ausgewanderte Britin, die sich nach einem Urlaub entschied hier zu bleiben und als Naturfotografin und land-lady ihr Brot zu "verdienen".


Auf meinem Nachtkästchen fand sich allerlei interessante Literatur, unter anderem Sugarcraft - DAS Kuchen-Dekorationsmagazin.



Wer Ruhe, weites Land und Einsamkeit pur sucht, der ist in Nordschweden besonders gut aufgehoben.

Die Natur ist hier wirklich einzigartig schön...







Wenn einmal im Jahr eine Abordnung der KTH kommt, dann ist es wohl mit der Ruhe nicht so weit her.

Der Tourist ist hier übrigens an der Benützung eines Schlüssels zum Absperren des Zimmers/Skidoos/Autos zu erkennen. Niemand der Einheimischen fürchtet um sein Eigentum, Kriminalität ist hier oben kein Thema.

Ich hab das jetzt chronologisch nicht mehr ganz genau im Kopf, aber nachdem wir fast die ganze Zeit irgendwas gegessen hatten, stand wohl im Anschluß ein traditionelles Abendessen mit Erklärung der jeweiligen Gerichte auf dem Programm.


Danach fanden wir uns im kleinen Konferenzraum des netten Hotels ein, denn "jedes Land" hatte eine Präsentation über die Situation der Wasserkraft zu halten.

Besonders interessant war dabei die Präsi der Chinesen, da der "Drei-Schluchten-Damm" das größte Wasserkraftprojekt der Welt ist.

China nahm das Kraftwerk 2006 in Betrieb. Nachdem der Stausee knapp 630 km lang ist, mussten über eine Mio Menschen, vorwiegend Bauern umgesiedelt werden - ein nicht allzu leichtes Unterfangen.

Das Kraftwerk selbst leistet derzeit rund 22.500 MW und wird in den nächsten Jahren durch weitere Turbinen noch auf bis zu 50.000 MW deutlich erweitert.
Zum Vergleich: Österreichs größtes Wasserkraftwerk - die Kraftwerksgruppe Malta leistet rund 890 MW.
Den Eingriff in Natur und Leben der Anwohner kann man sich vorstellen.

Nach spannenden Diskussionen Für und Wider der jeweiligen Projekte ging ich mit einigen Kollegen noch den nahen "Berg" erklimmen. Vom Gefühl her würde ich sagen, es war so um 5 am nachmittag herum, de facto war es jedoch kurz vor 23:00. Im Gegensatz zur Mine gibt es hier zu dieser Jahreszeit überhaupt keine Dunkelheit. Leicht abendliche Stimmung herrscht von Mitternacht bis etwa 02:00 und dann geht die Sonne schon wieder auf.

Langsam verzogen sich auch die Wolken und so wurden die "white nights in Porjus" doch noch Wirklichkeit.


Am Gipfel des "Berges" angekommen, konnten wir der Empfehlung unserer Gastgeberin Folge leisten und den "sounds of laponia" lauschen.


An den nächsten Tagen stand neben einem weiteren Wasserkraftwerk und einer Windturbine...




...auch der Besuch einer Gold- und Kupfermine auf dem Programm.

In Aitik, nahe dem schönen Gällivare (falls das jemandem ein Begriff ist) werden im Tagbau Kupfer, Gold und andere Metalle abgebaut.
Die Firma nennt sich "Boliden" und trägt den Namen völlig zurecht, denn was sich dort an Ungetümen auf Rädern oder Ketten tummelt ist unglaublich.

Schon bei der Einfahrt in die Mine, muß an unserem Bus wie an jedem anderen Fahrzeug ein Fähnlein an einer Stange montiert werden, um nicht übersehen zu werden.


Niemand übersieht einen Reisebus normalerweise, doch beim Anblick der ersten Caterpillar wird klar - hier herrschen andere Größenordnungen.


Der 30 t Sattelschlepper wirkt wie ein Matchboxauto neben dem 7,6 m breiten Ungetüm.






Natürlich sind auch hier Schutzhelme zu tragen und für mich war auch bereits einer reserviert gewesen :-)




Das was hier rumfährt übertrifft alles bisher Gesehene deutlich, die Caterpillar 793 mit 6 m Höhe wiegen knapp 340 t, wobei 81 t an Zuladung draufpassen. Das Ganze wird dann mit einem 2415 PS Diesel den Berg hinaufgekarrt, wobei da dann schon mal 400 l Diesel pro Stunde durchsprudeln.

Ein idealer Spielplatz für Männer, diese Mine.





Der kleine Bagger zur Rechten dürfte ohne Begleitfahrzeug nicht auf einer öffentlichen Straße fahren - er ist deutlich zu breit.



Tatsächlich jedoch sieht man fast nur Frauen hinter dem Steuer dieser Boliden. Grund ist die Firmenpolitik, die solche Geräte lieber in Frauenhand weiß, da sie angeblich sorgfältiger damit umgehen würden.

Eine beeindruckende Fahrt jedenfalls in unserem winzigen Reisebus bis fast zum Grund der 800m tiefen Mine.
Jedesmal wenn einer der Riesencaterpillar vorbeifuhr und uns Gottlob nicht übersah, verdunkelte sich der Himmel für ein paar Sekunden mit einer ordentlichen Ladung Staub.



Nach einer letzten Begutachtung der Schwerkraftwagen, wie diese Riesen offiziell genannt werden, stiegen wir wieder in unseren Mini-Reisebuß, nahmen das Fähnlein ab und machten uns auf den Weg zum Flughafen, von wo wir von Nordic Regional wieder sicher nach Stockholm geflogen wurden, wo uns ein traumhafter Frühlingsnachmittag bei tropischen 15 °C begrüßte.

Auch wenn dies hoffentlich der letzte Ausflug in den Winter für heuer war, so hatte Lappland einen ganz besonderen früh-früh-frühlingshaften Reiz.
Ciao Lappland!